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Unser Köln

Schon gewusst, dass das Wasser des Kunibertspütz für Nachwuchs sorgte?

Gastbeitrag von Gero Brixius / LVR · 13.05.2024

Die Brunnennische. Foto: Ines Müller, LVR

Die Brunnennische. Foto: Ines Müller, LVR

Kennen Sie die Kölner Legende über den Brunnen und die Frauen mit einem unerfüllten Kinderwunsch?

Wer im Chorraum der früheren Kirche des Kunibertstifts auf den Boden schaut, der erblickt eine kunstvoll gestaltetet Bodenplatte aus dunklem Stein. Sie zeigt zwölf stilisierte Kinder, die im Kreis um das Jesuskind herum aufgereiht sind. Die Bodenplatte stammt von dem Kölner Bildhauer Elmar Hillebrand (1925–2016). Er ließ sich bei ihrer Gestaltung von einer mittelalterlichen Legende inspirieren, die sich um einen „Pütz“, einen alten Brunnen tief unter St. Kunibert, rankt.

Darin heißt es: Bevor kölsche „Pänz“ (Kinder) geboren werden, spielen ihre Seelen auf dem Grund des Kunibertspütz in einem paradiesischen Garten, wo sie von der Jungfrau Maria mit leckerem Brei gefüttert werden. Trinkt nun eine Frau mit unerfülltem Kinderwunsch das Wasser, so sucht Maria das passende Kind heraus und erfüllt ihr den Wunsch.

Eine alte Kölner Legende

Und tatsächlich liegt unter St. Kunibert, in der Krypta der Kirche, ein 17 Meter tiefer Brunnen. Dem Wasser des Brunnens wurde vermutlich schon in vorchristlicher Zeit eine wundersame Wirkung auf die Fruchtbarkeit zugeschrieben. Historiker vermuten, dass dieser Ort einst eine alte fränkische Kultstätte war, die der Verehrung germanischer Gottheiten diente. Und genau dort entstand der Vorgängerbau der heutigen Kirche, den der Erzbischof Kunibert von Köln im 7. Jahrhundert errichten ließ. Als Ort seiner letzten Ruhe weihte er sie dem als Wasserheiligen verehrten Clemens, wodurch die Verbindung aus christlicher Theologie und alten Fruchtbarkeitsvorstellungen entstanden sein könnte. Nach Kuniberts Tod verlor die Kirche ihr ursprüngliches Patrozinium und wurde als Sankt Kunibert geweiht.

Der Brunnen war für die Wasserversorgung der Nachbarschaft von St. Kunibert von besonderer Bedeutung und musste öffentlich zugänglich sein. Daher konnte das Wasser außerhalb der Kirche geschöpft werden. Bis ins 19. Jahrhundert hielt sich so der Brauch, dass Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch Wasser aus diesem Brunnen tranken. Als etwa Mitte des 19. Jahrhunderts kein Bedarf mehr für den Brunnen bestand, wurde er mit Schutt verfüllt und erst Mitte der 1930er Jahre wieder zugänglich gemacht. Die Legende blieb aber bestehen.

So heißt es in einem kölschen Volkslied: „Us däm ahle Kunnibäätspötzje kumme mer all ohne hemp un bötzje“ (Aus dem alten Kunibertsbrunnen kommen wir alle ohne Hemd und Hose.) Und wer weiß, manch eine Kölnerin pilgert vielleicht noch heute bei einem unerfüllten Kinderwunsch zum Kunibertspütz. Auf seine einstige Lage verweist die schon erwähnte Bodenplatte. Den alten Brunnen selbst kann man nicht mehr erreichen, aber der neuere St. Clemensbrunnen am Rande der Kunibertsklostergasse führt womöglich dasselbe Wasser.

Tags: Brauchtum , Kölner Stadtgeschichte , KuLaDig

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