A- A A+

Aktiv werden

Schon gewusst, dass in einem Kölner Familiengrab einst das städtische Vermögen vor den US-Truppen versteckt wurde?

Gastbeitrag von Lisa Kröger / LVR, 2023 · 13.05.2024

Ein Grab mit Geschichte – das Hummerich-Grab. Foto: Lisa Kröger

Ein Grab mit Geschichte – das Hummerich-Grab. Foto: Lisa Kröger

1944 trägt sich auf dem Kölner Südfriedhof eine spannende Geschichte zu: Es geht um 300 Millionen Reichsmark.

Als sich die Alliierten in den letzten Monaten des Zweiten Weltkrieges dem Rheinland näherten, gaben die Nationalsozialisten die Anweisung, die Vermögenswerte der Stadt Köln nach Duderstadt in den Harz zu bringen – weit weg von der Front. In Eigenregie entschied der damalige Stadtkämmerer Oskar Türk (1893–1978) jedoch, das Geld lieber sicher in Köln zu verstecken.

Ein Kämmerer auf dem Südfriedhof

Er wählte dafür einen ganz besonderen Ort: die repräsentative, aber nicht belegte Grabstätte der Familie Hummerich auf dem Kölner Südfriedhof. In einer Septembernacht des Jahres 1944 betrat der Kämmerer gemeinsam mit dem Sparkassendirektor Hans Heidkamp und dem Kassendirektor Bernhard Land den Friedhof. Im Gepäck hatten die drei Männer einen Großteil des städtischen Vermögens: Bargeld, Hypothekenbriefe, Schuldverschreibungen und Sparkassenbücher. Alles zusammen soll einen Wert von rund 300 Millionen Reichsmark gehabt haben. Die Männer hoben den Deckel der Hummerich-Gruft an und verstauten den Millionenschatz – verschnürt in 23 Paketen – in einer leeren Grabkammer.

Alle drei vereinbarten striktes Stillschweigen – erst nach Kriegsende sollte die Stadtverwaltung von dem geheimen Versteck erfahren. In den letzten Kriegsmonaten überzeugte sich Oskar Türk bei unauffälligen Spaziergängen auf dem Südfriedhof regelmäßig davon, dass das Hummerich-Grab unangetastet blieb – die Kölner Stadtkasse war offenbar sicher untergebracht. Nach dem Krieg führte er die amerikanischen und britischen Besatzer zu dem Versteck. Doch das Grab war leer, der Millionenschatz verschwunden.

Nach dem Krieg

„Die Stadtverwaltung hatte das Geld schon herausgeholt“, erzählte Türk vor seinem Tod dem Journalisten Peter Fuchs. Und so besaß die Stadt Köln in der unmittelbaren Nachkriegszeit einen zweifelhaften Millionenschatz, dessen tatsächlicher Wert aufgrund der massiven Inflation dieser Jahre erheblich geringer gewesen sein dürfte. Auf dem Schwarzmarkt zahlte man damals schließlich für ein Pfund Kaffee mehr als 2.000 Reichsmark. Noch heute befindet sich die Grabstätte der Familie Hummerich nahe des Eingangs zum Südfriedhof, an der zum Hochkreuz führenden Allee.

Hier liegen vornehmlich repräsentative Grabmäler aus der ersten Belegungszeit des Friedhofes. Namhafte Stadtprominenz aus Industrie, Gesellschaft und Sport fand hier ihre letzte Ruhestätte. Warum für den Stadtschatz ausgerechnet das Grab der Hummerichs gewählt wurde, bleibt im Ungewissen – über die Familie ist nichts weiter bekannt. Auch Oskar Türk selbst, der ungeachtet seiner Arbeit für die Kölner Stadtverwaltung zu NS-Zeiten nach Kriegsende weiter politische Karriere machte, wurde 1978 auf dem Kölner Südfriedhof bestattet.

Tags: Kölner Stadtgeschichte , KuLaDig

Kategorien: Unser Köln