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Ehrenamt

Nie zu alt für die Grundschule – Senioren helfen Kindern

Ulrike Süsser · 05.07.2023

Gisela Schuler und Joachim Willmaser treffen sich mit den Kindern in einem ruhigen Sprechzimmer. Foto: Ulrike Süsser

Gisela Schuler und Joachim Willmaser treffen sich mit den Kindern in einem ruhigen Sprechzimmer. Foto: Ulrike Süsser

Seniorpartner schlichten Streit zwischen Schulkindern, indem sie mit ihnen gemeinsam Lösungen suchen. Oder sie hören einfach nur zu. Dafür werden sie fortgebildet.

Immer donnerstags besuchen Joachim Willmaser und Gisela Schuler für vier Stunden „ihre“ Grundschule im Kölner Süden. Der 66-Jährige und die 72-Jährige sind nicht nur gern gesehene „Gäste“, sie gehören quasi zum Schulteam. Sie kommen, um den Kindern zu helfen, wenn es Streitereien gibt, wenn diese sich über Ausgrenzung, Kränkungen oder flegelhaftes Benehmen im Schulalltag ärgern. Gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern suchen sie nach Lösungen – und meistens finden sie auch welche.

Vermittler für die Schule

Schuler und Willmaser sind „Seniorpartner“ und gehören der bundesweiten gemeinnützigen Organisation „Seniorpartner in School (SiS)“ e. V. an. Sie sind Mediatoren, was so viel bedeutet wie „Vermittler“. Für die Schulkinder sind sie einfach Joachim und Gisela, denen sie sich anvertrauen können, wenn sie Probleme haben. Sie kommen gern und freiwillig zu ihnen ins Sprechzimmer im ersten Stock, das extra für die Gespräche eingerichtet wurde.

„Oft möchten uns die Kinder ihren Ärger sofort erzählen, wenn sie uns auf dem Pausenhof oder auf der Treppe treffen“, berichtet Schuler. Da darf ein Mädchen nicht mit den Jungs Fußball spielen oder ein anderes Kind ist unglücklich verliebt. „Das tut weh“, sagt die Mediatorin. Aber der Pausenhof sei nicht der richtige Ort, um darüber zu reden. Die Kinder werden stattdessen zu einem Besuch ins Sprechzimmer eingeladen. Nur dort werden die Probleme gewälzt, und zwar unter dem Siegel der Verschwiegenheit.

Fortbildung in Konfliktlösung

Tut sich ein Kind schwer damit, zu erzählen, hilft schon mal die lustige Giraffen-Handpuppe. Methoden für Konfliktlösung oder Gesprächsführung, also das Rüstzeug für das anspruchsvolle Ehrenamt, haben Schuler und Willmaser bei der Aus- und Fortbildung der SiS gelernt.


Konfliktlösung mit flauschiger Unterstützung der Giraffen-Handpuppe. Foto: Ulrike Süsser

Vor der Tür warten schon drei Viertklässler. Noah und Noah waren schon ein paar Mal da, sie hatten Zoff mit einem Mitschüler, der Grenzen nicht einhielt. „Er hat uns immer wieder blöd berührt“, erzählen sie. Bei den Gesprächen stellte sich heraus, dass der Junge Kontakt suchte, freilich reichlich ungeschickt. „Jetzt macht er es nicht mehr und wir sind froh“, erzählen die zwei Noahs.

Der dritte Junge, Felix, hatte dagegen ständig Knatsch mit einem anderen Jungen beim Fangenspielen. „Er meinte, ich lasse mich absichtlich hinfallen“, sagt Felix. Inzwischen haben sich die beiden „Streithähne“ ausgesprochen. Dazu, ein- mal miteinander zu reden, hatten ihn Joachim und Gisela ermutigt. Den Zeiger des bunten Stimmungsbarometers stellen die drei Grundschüler jedenfalls auf „sehr gut“ und sind stolz auf ihren Erfolg.

Sorgen der Kinder und Jugendlichen

Doch immer häufiger kommen auch Kinder, die ohne erkennbaren Grund traurig seien oder bei denen häusliche Probleme im Spiel seien, sagt Willmaser. Schulleiterin Stefanie Volkmer stellt jedoch klar: „Für sehr schwerwiegende Konflikte sind wir Lehrkräfte und die Schulsozialarbeit da.“


Das Barometer steht auf gelb: beste Stimmung! Foto: Ulrike Süsser

Aber auch die vermeintlich „kleinen“ Sorgen könnten die Kinder sehr belasten. „Dann sind sie unruhig im Unterricht und wir legen ihnen den Besuch bei Joachim Willmaser und Gisela Schuler nahe“, sagt sie. „Es ist wirklich erstaunlich, dass sie meistens nach zwanzig Minuten ausgeglichen und zufrieden zurück in die Klasse kommen“, ergänzt Volkmer.

Ehrenamt, das Schulkindern hilft

Sie möchte auf die Unterstützung der Seniorpartner nicht mehr verzichten. „Die beiden sind eine echte Bereicherung für den Schulfrieden“, sagt sie. Auch die „Vermittler“ möchten ihre Aufgabe nicht mehr missen. Seit vier Jahren üben sie ihr Ehrenamt aus, von dem sie begeistert sind und das sie für sehr sinnvoll halten.

„Es macht mir sehr viel Spaß, gemeinsam mit den Kindern Problemlösungen zu erarbeiten“, betont Willmaser und ergänzt: „Ich spüre so viel Vertrauen und kann schon mit Erstklässlern freimütig über Gefühle sprechen.“ Das sei genial. Schuler empfindet ihr Engagement genauso bereichernd und belebend. Und wenn es nach Noah, Noah und Felix ginge, sollten die Seniorpartner noch viel öfter in der Woche an der Schule sein. „Am besten wäre es, wenn sie immer sofort helfen könnten, wenn ein Streit ausbricht“, meint Noah.

Seniorpartner in School (SiS) – Regionalgruppe Köln e. V.

Gegründet 2017, zurzeit 54 Mitglieder, an 17 Kölner Schulen tätig,
Leitung: Dagmar Knopf-Kaupert

Wer ist für ein Ehrenamt mit Kindern geeignet? Wie werden die Senioren aus- und fortgebildet?

Für das Ehrenamt als Mediator werden vor allem Menschen ab fünfzig Jahren gesucht. Vorerfahrungen brauchen sie nicht. Sie erhalten eine insgesamt 96-stündige, kostenlose Ausbildung (Kommunikation und Konfliktbearbeitung) durch zertifizierte Trainer. Gearbeitet wird immer in Zweierteams.
Kontakt für Schulen, Förderer und Interessenten:
Tel. 0221 / 890 21 35, E-Mail: knopf-kaupert@sis-nrw.de.

Mehr Infos: www.seniorpartner-nrw.de

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Tags: Ehrenamt und Freiwilligkeit , Kinder und Jugendliche begleiten

Kategorien: Ehrenamt