Kunsthaar, Perücken und Haarteile für den modischen Kopf

„Menschen wollen ihr Aussehen unterstreichen oder haben einfach Spaß an der Verwandlung und Veränderung“, erzählt Carsten Klein. Der Friseur hat sich mit seinem „Haar Atelier“ in Bayenthal auf Haarersatz spezialisiert. In Amerika trage jede dritte Frau eine Perücke, auch in Japan seien die Frauen verrückt danach, sagt der 52-Jährige, der seinen Beruf seit 35 Jahren mit Leib und Seele ausübt.

Mehr Volumen auf dem Kopf, mal eine andere Frisur, eine neue Haarfarbe oder -länge, ein großer Auftritt mit Hochsteckfrisur – mit Perücke oder Teilperücke kein Problem. Auch Prominente machen es vor und zeigen sich gern mit Haarersatz. Die Country-Sängerin Dolly Parton soll etwa hundert Perücken im Schrank haben.

In Kleins schickem Haar Atelier sitzt Ulrike. Sie ist die einzige Kundin, denn Klein vereinbart nur Einzeltermine, er legt Wert auf absolute Privatsphäre. Die 73-Jährige liebäugelt mit einer Perücke, weil ihre Haare immer dünner werden und auszufallen beginnen. Sie möchte sich aber auch in Zukunft noch mit vollem Haar zeigen und gepflegt erscheinen. Es gibt viel zu besprechen, und Klein nimmt sich viel Zeit für die Beratung.

Individuelle Haarberatung inklusive

Ulrike sitzt vorm Spiegel und lässt sich vom Fachmann beraten. Foto: Ulrike Süsser

Dann wird anprobiert. Dafür positioniert der Friseur eine spezielle Haube auf Ulrikes Kopf. Foto: Ulrike Süsser

Diese blonde Haarpracht passt gut. Nun kann sie gestylt werden. Foto: Ulrike Süsser

Was ist besser: Kunsthaar oder Echthaar?

Die Kunsthaarperücke ist unkompliziert und pflegeleicht, aber Form und Farbe sind kaum veränderbar. Hochwertiges Kunsthaar ist hitzebeständig und zum Teil formbar. Sehr gute Qualitäten, zu denen auch die Haardichte gehört, also wieviel Haare pro Quadratzentimeter verwebt wurden, haben ihren Preis. Mit mehreren Hundert Euro ist zu rechnen.

Die Echthaarperücke ist teurer, aber lange haltbar, die Haare können gefärbt und gestylt werden. Überwiegend stammt das Haar von asiatischen Frauen, die es spenden oder an Händler verkaufen. Die Haare werden dann aufwendig bearbeitet. Eine Echthaarperücke ist über Versandhäuser ab 800 Euro zu haben, mit Beratung im Laden ab 1.000 Euro. Entsprechend haben exklusive Maßanfertigungen einen noch höheren Preis.

Bei den kostengünstigen Modellen wird das Haar maschinell auf dünne Schnüre, die Tressen, genäht. Soll es aber besonders echt aussehen, empfehlen sich andere Macharten. Dabei werden die Haare in feinmaschige, luftige, hautähnliche Gewebe eingeknüpft, die täuschend echt die Kopfhaut nachbilden. Es gibt sie für den ganzen Kopf als Vollperücke oder als „Topper“, Teilperücken, die Scheitel oder Stirn abdecken und mit den eigenen Naturhaaren verschmelzen. Durchsichtige Randstreifen, Lacefronts oder Filmansatz genannt, die mit kürzeren Haaren bestückt sind, sorgen für natürliche Übergänge am Haaransatz.

Wie pflegt man Perücken?

Beim täglichen Einsatz ist die Kunsthaarperücke mindestens ein halbes Jahr haltbar, der Echthaarersatz doppelt so lange. Grundsätzlich muss die Perücke in regelmäßigen Abständen mit Spezialprodukten gereinigt und gepflegt werden. Dies kann der Friseur tun oder – einmal fachgerecht erklärt – man selbst zu Hause. Darauf verzichten sollte man jedoch nicht.

Wie wichtig die richtige Pflege ist, zeigt das Beispiel André Agassi. 1990 hatte der Tennisstar seine damalige Kunsthaarmähne ausgerechnet vor dem Endspiel bei den French Open unsachgemäß behandelt. Sie fiel in sich zusammen und hielt nicht richtig auf dem Kopf. Das habe ihn so abgelenkt, heißt es, dass er schließlich das Match verlor. Heikel ist Sport mit Haarersatz ohnehin.

Klein jedenfalls rät von intensiver Anstrengung und auch vom Schwimmen mit Haarersatzteilen ab: „Chlorwasser und Schweiß beeinträchtigen die Perücke sehr“, sagt er. Ulrike probiert in entspannter Atmosphäre und lässt sich die Macharten, Qualitäten und das Anpassen erklären. Unter der Perücke trägt sie eine atmungsaktive Kappe, die „Wig-Cap“. Diese wird über den Kopf gestülpt und die eigenen Naturhaare verschwinden darunter. Sie macht das Tragen angenehmer, verhindert etwa Juckreiz. Das Zweithaar wird dann mit Clips oder Klammern auf der Haube befestigt, so kann nichts verrutschen. „Ich bin sehr positiv überrascht, dass die Perücken so natürlich aussehen und sich so angenehm auf dem Kopf anfühlen“, betont Ulrike. Am Ende der ausführlichen Beratung lächelt der Friseur: „Wenn ich sehe, dass die Frauen glücklich sind, macht mich das auch glücklich.“